Skip to content

Vertrag

Verträge sind meist kompliziert und verfügen über viel Kleingedrucktes – das ist nicht jedermanns Sache. Für eine Schule wäre es jedoch fatal, sich nicht darum zu kümmern. Mit der Art des Vertrags fängt es an: Soll es ein Kauf-, ein Miet- oder ein Lizenzvertrag sein? Und welche ICT-Bereiche sollen überhaupt mit Verträgen geregelt werden? Wo liegen die Fallstricke für eine Schule? Über die Antworten hinaus bietet das Kapitel viele konkrete Beispiele für das Formulieren schulinterner Regelungen, die für alle verständlich sein sollen.

Bei der Umsetzung des Lehrplan 21 werden Geräte beschafft, Infrastruktur bereitgestellt und diverse Dienstleistungen in Anspruch genommen. Deshalb müssen die Schulen mit den jeweiligen ICT-Anbietern Verträge abschliessen. Der Ausgestaltung solcher Verträge und Vereinbarungen ist die nötige Aufmerksamkeit zu widmen.

Handlungsformen und zugrunde liegendes Recht

Zunächst ist kurz zu erläutern, in welcher Form die öffentlichen Schulen aus rechtlicher Sicht überhaupt handeln können und dürfen und welchem Recht, privatem oder öffentlichem Recht, dieses Handeln untersteht.

Die öffentlichen Schulen sind Teil der Verwaltung. Damit die Verwaltung die ihr übertragenen Aufgaben effektiv ausüben kann, stehen ihr unterschiedliche Handlungsinstrumente zur Verfügung. Die wichtigste Form des Verwaltungshandelns ist in der Regel die Verfügung (einseitige behördliche Anordnung). Es existieren jedoch noch weitere Instrumente wie beispielsweise Reglemente oder Weisungen. Die Verwaltung kann aber auch Verträge abschliessen, wobei zwischen verwaltungsrechtlichen und privatrechtlichen zu unterscheiden ist.

Ein verwaltungsrechtlicher Vertrag hat direkt die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zum Inhalt oder betrifft einen im öffentlichen Recht geregelten Gegenstand. Er unterliegt öffentlichem Recht und ist nur unter einschränkenden Bedingungen zulässig. Der Staat bzw. die Schulen können unter Umständen auch privatrechtliche Verträge eingehen, d.h. Verträge, die dem Privatrecht unterliegen. Es besteht keine Wahlfreiheit zwischen den beiden Vertragsarten, sondern es muss im Einzelfall nach Sinn und Zweck der öffentlichen Aufgabe bzw. der entsprechenden Regelung gehandelt werden. Die Zuordnung ist in der Praxis nicht immer einfach.

Ein Beispiel, in welchem Rahmen privatrechtliche Verträge grundsätzlich zulässig sind, ist die Bedarfsverwaltung. Die Bedarfsverwaltung schafft die Voraussetzungen für die unmittelbare Aufgabenerfüllung und sorgt für die Bereitstellung notwendiger Sachgüter und Leistungen (z. B. Miete von Räumlichkeiten, Kauf von Arbeitsgeräten, Service-Verträge etc.). Die Bedarfsverwaltung untersteht nur teilweise den Regeln des öffentlichen Rechts. Auch wenn beispielsweise im Rahmen eines Submissionsverfahrens die Besorgung einer öffentlichen Aufgabe ausgeschrieben werden muss und der Zuschlag als Akt des öffentlichen Rechts erfolgt, kann der darauffolgende Vertrag privatrechtlicher Art sein.

Die Unterscheidung zwischen Privatrecht (privatrechtlicher Vertrag) und öffentlichem Recht (verwaltungsrechtlicher Vertrag) ist wichtig, weil an die Unterscheidung unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft sind: Der Rechtsschutz ist unterschiedlich ausgestaltet; im öffentlichen Recht gilt das Legalitätsprinzip und im Privatrecht der Grundsatz der Privatautonomie; die Haftung ist unterschiedlich geregelt.

Grundsätzliches zum Vertrag

Vertrag als rechtliches Gestaltungsmittel

Indem zwei oder mehr Parteien einen Vertrag abschliessen, legen sie fest, was zwischen ihnen gelten soll. Der Vertrag erlaubt es ihnen, ihre Beziehung rechtlich so auszugestalten, wie es ihrem gemeinsamen Willen entspricht. Was im Vertrag geregelt ist, ist verbindlich und lässt sich nötigenfalls auch auf dem Rechtsweg durchsetzen.


Vertragsfreiheit

Grundsätzlich kann jede Partei frei entscheiden, ob, wann, mit wem und für wie lange sie welche vertraglichen Bindungen eingehen will (sog. Vertragsfreiheit). Dies gilt zumindest für privatrechtliche Verträge (beispielsweise, wenn eine Schule mit einem Cloud-Anbieter einen Dienstleistungsvertrag abschliesst). Öffentlichrechtliche Verträge hingegen unterliegen, wie bereits erwähnt, gewissen Einschränkungen (siehe «Grundsätze staatlichen Handelns»).
Die Vertragsfreiheit ist jedoch nicht schrankenlos. Es gibt gesetzliche Regelungen, die ihr Grenzen setzen. 


Beispiel: Einschränkungen bezüglich des Sponsorings von ICT-Mitteln im Rahmen eines Sponsoringvertrags.


Vertragsschluss

Damit ein Vertrag zustande kommt, müssen die Parteien sich über alle wesentlichen Vertragspunkte geeinigt haben. Dies geschieht, indem sie Erklärungen austauschen, die inhaltlich übereinstimmen, d.h. den gleichen Vertragswillen zum Ausdruck bringen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass sie auch bereits über sämtliche Nebenpunkte eine Einigung erzielt haben. Beispiel: Die wesentlichen Punkte eines Kaufvertrags sind der Kaufgegenstand und Kaufpreis. Solange sich die Parteien über diese beiden Punkte nicht einig sind, entsteht kein Kaufvertrag. Darüber hinaus hat eine Partei auch die Möglichkeit, gewisse Nebenpunkte zu wesentlichen Vertragspunkten zu machen, indem sie dies entsprechend kommuniziert.


Beispiel: Sie teilen der Vertragspartnerin mit, dass sie nur an einem Kauf von Arbeitsgeräten interessiert sind, wenn diese bis zu einem bestimmten Zeitpunkt geliefert werden. Der Liefertermin ist somit zu einem wesentlichen Punkt erhoben worden.


Handlungsfähigkeit

Damit eine Vereinbarung bzw. ein Vertrag zustande kommt, müssen die Parteien handlungsfähig sein. Dies setzt bei natürlichen Personen voraus, dass sie volljährig und urteilsfähig sind. Eine Person ist volljährig, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet hat.
Eine Person ist urteilsfähig, wenn sie in einer bestimmten Situation die Fähigkeit besitzt, «vernunftgemäss» zu handeln. Das heisst, sie erkennt den Sinn und den Zweck einer Handlung. Sie begreift, was ihr Verhalten für Folgen haben kann und verhält sich so, dass sie diese Folgen vernünftig berücksichti-gen kann. In der Schweiz ist nicht festgelegt, ab welchem Alter eine Person urteilsfähig ist. Das Gesetz hält lediglich fest, dass eine Person «wegen ihres Kindesalters» urteilsunfähig sein kann. Die Urteilsfähigkeit ist denn auch weniger vom Alter als von den Erfahrungen und der konkreten Handlungssituation abhängig. Es geht darum, ob jemand reif genug ist, um in einer gewissen Situation die Folgen seines Handelns abschätzen zu können. 

Urteilsfähige Minderjährige sind beschränkt handlungsfähig. Solche Personen können grundsätzlich nur mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter (Eltern bzw. Beistand) rechtsgeschäftlich handeln, insbesondere Vereinbarungen unterzeichnen. Diese Zustimmung kann entweder im Voraus oder nach Vertragsabschluss erfolgen. Sie können Geschäfte über geringfügige Beträge im Rahmen des ihnen zur Verfügung stehenden Sackgeldes selbst tätigen, wie beispielsweise Getränke an einem Getränkeautomaten kaufen.

Im Unterschied zur Handlungsfähigkeit sind urteilsfähige Minderjährige deliktsfähig. Das heisst, sie tragen die rechtliche Verantwortung für unerlaubtes Verhalten. Wenn sie andere schädigen, können sie haftpflichtig werden. 


Beispiel: Ein 15-jähriger Schüler «dekoriert» nachts mithilfe von Spraydosen den Eingangsbereich des Schulhauses oder zerstört ein Multimediagerät eines Mitschülers oder einer Mitschülerin oder der Schule. Für den entstandenen Sachschaden ist der Schüler grundsätzlich selbst verantwortlich.


Vertragsgestaltung

Um Verträge erfolgreich zu gestalten und anschliessend abzuwickeln, muss man sich in einem ersten Schritt darüber im Klaren sein, welche Ziele mit dem Vertrag verfolgt werden. Diese Ziele sind im Anschluss mittels der Vertragsgestaltung umzusetzen und zu verwirklichen. Unabhängig vom konkreten Einzelfall sind zwei der wichtigsten Ziele jeweils die Klärung sowie die Vermeidung von Risiken.

Ein praktikabler Vertrag ist der Grundstein für eine erfolgreiche Vertragsbeziehung. Das allein genügt allerdings nicht. Der Vertrag muss von den Vertragsparteien auch «gelebt» werden. Der vielfach geäusserte Wunsch nach einem «wasserdichten Vertrag» ist deshalb nur eine Seite der Medaille. Der beste Vertrag nützt nichts, wenn ihn die Vertragsparteien nicht (richtig) anwenden. Konkret bedeutet dies: Die Vertragsbestimmungen sind anzuwenden oder bei Bedarf abzuändern, jedoch sollten sie nicht einfach übergangen werden. Dies schafft Rechtsunsicherheit und kann sich u.U. zu Ihren Ungunsten auswirken.


Tipp: Kennen Sie die wichtigsten Bestimmungen in Ihren Verträgen und wenden Sie diese an.


Verträge – richtig verstanden und aufgesetzt – können Konflikten vorbeugen und helfen, Probleme zu vermeiden. Deshalb ist die Zeit, die man in die Formulierung vertraglicher Bestimmungen steckt, gut investierte Zeit. Dazu gehört insbesondere die sorgfältige und präzise Bestimmung der Leistungen oder die Umschreibung des geforderten Verhaltens.
Vertragsverletzung

Bei sämtlichen Verträgen kann es sowohl vor als auch nach Vertragsschluss zu sog. Leistungsstörungen kommen. So kann es sein, dass die anderen Vertragsparteien vor Vertragsschluss das entgegengebrachte Vertrauen verletzen oder nach Vertragsschluss die vertraglich abgemachte Leistung nicht, schlecht oder zu spät erfüllen. Dies gilt analog auch für ein vertraglich zugesichertes Verhalten.
Die Folgen einer Vertragsverletzung sind mannigfaltig und können zum einen im Vertrag selbst formuliert sein oder sich aus dem Gesetz ergeben. Die Folgen können disziplinarischer, administrativer oder privat-rechtlicher Natur sein (z.B. Schadenersatzpflicht).
 

Verständlichkeit und Umfang

Vertragliche Regelungen sollen möglichst klar, vollständig und verständlich formuliert sein. Dies kann man auf verschiedenen Wegen erreichen. 

Tipp: Versuchen Sie beispielsweise auf Fremdwörter zu verzichten. Vereinfachen Sie komplizierte Satzstrukturen. Arbeiten Sie mit Beispielen. Testen Sie die Verständlichkeit des Dokumentes intern, bevor Sie es den anderen Vertragsparteien übermitteln.
 

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

ICT-Anbieter schliessen zahlreiche Verträge mit weitgehend ähnlichem Inhalt ab. Damit nicht jeder ein-zelne Vertrag bis ins Detail «neu» ausgehandelt werden muss, verwenden die Anbieter regelmässig Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). AGB dienen der Rationalisierung und regelmässig auch der Risikoüberwälzung. Mit der Verwendung von AGB bezweckt der Verwender, eine Vielzahl von Verträgen sowohl im Hinblick auf den Vertragsabschluss als auch auf deren Abwicklung zu standardisieren.

Damit AGB verbindlich werden, müssen sie von den Parteien in den Vertrag übernommen werden. Sie sind nicht «von sich aus» verbindlich. Die Übernahme kann ausdrücklich oder stillschweigend (d.h. durch schlüssiges Verhalten) erfolgen, wobei dies häufig durch einen Verweis geschieht. Die Verbindlichkeit ist unabhängig davon, ob die übernehmende Vertragspartei den Inhalt der AGB im Einzelnen zur Kenntnis genommen, verstanden oder beachtet hat.

AGB dienen nicht nur der Vervollständigung und Ergänzung des Gesetzes, sie beinhalten oft auch Änderungen gegenüber dem im Gesetz festgelegten dispositiven (nicht zwingenden) Recht. Durch das Verwenden von AGB verschiebt sich das Kräfteverhältnis beim Vertragsschluss meist zugunsten der vorschlagenden Partei. Gesetzgeber, Lehre und Rechtsprechung haben verschiedene Kontrollmechanismen für solche Situationen entwickelt. Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweis, dass individuelle Abreden, die von AGB abweichen, immer Vorrang haben. Sollten Sie sich in einer Situation befinden, in der sich der ICT-Anbieter nicht bereit erklärt, seine AGB in bestimmten Punkten abzuändern, so können Sie immer noch versuchen, diese Punkte in einem individuellen Vertrag anders als in den AGB zu regeln.

Es gibt auch seitens der Behörden standardisierte AGB. Die AGB der Schweizerischen Informatikkonferenz (SIK) beispielsweise sollen zu fairen Vertragsverhältnissen zwischen Kunden und Anbietern führen und mithelfen, dass sich sowohl das Gemeinwesen als auch die Anbieter nicht mit vielen verschiedenen AGB-Varianten auseinandersetzen müssen. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat diese SIK-AGB (Ausgabe Januar 2015) sowie die AGB «Auslagerung Informatikleistungen»  und AGB «Datenbearbeitung durch Dritte»  für die dem Regierungsrat unterstellten Verwaltungseinheiten für verbindlich erklärt. Die übrigen kantonalen öffentlichen Organe werden eingeladen, diese AGB ebenfalls zu verwenden. Die Volksschulen im Kanton Zürich werden durch die (Schul-) Gemeinden geführt. Es besteht folglich keine Pflicht zur Verwendung dieser AGB. Diese können jedoch beispielhaft konsultiert oder sogar verwendet werden.

Übersicht über relevante Vertragstypen

Die einzelnen Vertragsverhältnisse werden hier nicht umfassend abgehandelt. Vielmehr werden im Folgenden einige wichtige Vertragstypen exemplarisch herausgegriffen und skizziert.
Das Obligationenrecht selbst regelt die grundlegendsten Vertragstypen. Diese können u.a. nach Gemeinsamkeiten gruppiert werden:

  • Veräusserungsverträge: Bei diesen Verträgen steht die Eigentumsübertragung am Vertragsgegenstand im Zentrum (Beispiel: Kauf).
  • Gebrauchsüberlassungsverträge: Hauptmerkmal dieser Vertragsgruppe ist, dass die eine Partei der anderen etwas zum Gebrauch überlässt (Beispiel: Miete, Leihe).
  • Dienstleistungsverträge: Den Kern bilden hier Dienstleistungen der einen gegenüber der anderen Partei (Beispiele: Auftrag, Werkvertrag).

Darüber hinaus gibt es einzelne Vertragstypen, die in besonderen Gesetzen geregelt sind (Beispiel: Versicherungsvertrag). Im Wirtschaftsleben treten jedoch auch verschiedene gesetzlich nicht geregelte Verträge auf (sog. Innominatkontrakte). Zum einen handelt es sich bei diesen um Konstruktionen, bei denen wichtige Vertragsbestandteile verschiedener gesetzlich geregelter Verträge zu einer neuen Einheit verbunden werden (Beispiel: Leasing – weist i.d.R. Elemente von Miete und Kauf auf). Zum anderen handelt es sich um Verträge eigener Art (Beispiel: Lizenzvertrag).

Mit diesem Link gelangen Sie zu weiteren Details bezüglich Vertragstypen wie «Kauf», «Miete», «Leihe», «Werkvertrag», «Auftrag», Lizenzvertrag», «Leasing» und «Sponsoring».