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Grundsätze staatlichen Handelns

In diesem Kapitel soll daran erinnert werden, dass Schulen auf der Grundlage unseres Rechtsstaates organisiert sind. Im ICT-Bereich ist dieser Umstand beispielsweise relevant im Umgang mit Verhandlungspartnern, mit persönlichen Daten, mit Strafmassnahmen bei Regelverletzungen, oder mit der Wahrung des Rechts, dass der Grundschulunterricht für alle Eltern unentgeltlich ist.

Auch in Bezug auf ICT und damit verbundene Nutzungsmöglichkeiten gelten die allgemeinen Grundsätze des staatlichen Handelns. Die öffentlichen Schulen bzw. deren Behördenmitglieder und Angestellte (Ressortleitende, Lehrpersonen, Schulleitung, Sekretariatspersonal etc.) haben diese Grundsätze insbesondere bei der Ausgestaltung der ICT-Infrastruktur, der Wahl der Arbeitsgeräte und bei der Festlegung der Nutzungsmodalitäten zu berücksichtigen. 
Im Grunde handelt es sich um Anweisungen für Verantwortliche, wie sie ihre staatlichen Aufgaben zu erfüllen und mit ihrer staatlichen Machtbefugnis umzugehen haben. Die wichtigsten Grundsätze sind ausdrücklich in der Bundesverfassung formuliert.
Im vorliegenden Kontext sind insbesondere die nachfolgenden Grundsätze in Erinnerung zu rufen.

Grundsatz der Gesetzmässigkeit (Legalitätsprinzip)

Grundlage und Schranke des staatlichen Handelns ist das Recht. Demnach benötigt jede staatliche Tätigkeit eine gültige Rechtsgrundlage (Verfassung, Gesetz, Verordnung). Zudem dürfen keine Massnahmen getroffen werden, die den Rechtsgrundlagen widersprechen.
Beispiel: Die Schulen dürfen Personendaten nur im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer gesetzlich umschriebenen Aufgaben bearbeiten. Die Nutzung eines Cloud-Dienstes hat in Übereinstimmung mit den datenschutzrechtlichen Vorgaben zu erfolgen. 
 

Grundsatz der Verhältnismässigkeit

Das Handeln der Schulen muss verhältnismässig sein, d.h. das Handeln soll im öffentlichen Interesse zweckmässig und angemessen sein. Es darf nicht über das Ziel hinausgeschossen werden, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Demnach sollen die Schulen so weit möglich das mildere, für die Bürgerin oder den Bürger verträglichere Mittel wählen. Es handelt sich hierbei um ein zentrales Prinzip, da das Recht den Verantwortlichen bei der Erfüllung ihrer staatlichen Aufgaben oft einen grossen Ermessensspielraum gewährt. Ein bedeutendes Anwendungsgebiet in der Schule sind die Disziplinarmassnahmen. Für ein erst- und einmaliges Vergehen darf in der Regel nicht schon die «Höchststrafe» ausgefällt werden. Gilt in der Schule beispielsweise beim Umgang mit Multimediageräten zu deren Schutz ein Verbot, mit solchen Geräten herumzurennen, und wäre die Konsequenz bei einer ersten Nichteinhaltung dieser Regel ein Nutzungsverbot für die ganze Schullaufbahn, wäre dies ein unverhältnismässiges Handeln. 


Beispiel: Die Nutzungsmodalitäten für die Verwendung von Arbeitsgeräten im Unterricht müssen verhältnismässig ausgestaltet sein. Demnach müssen die getroffenen Regelungen insbesondere zweckmässig und angemessen sein. In datenschutzrechtlicher Hinsicht wäre beispielsweise der Einsatz eines Inhaltsfilters und eines Zertifikats, die die Verschlüsselung der Internetverbindung auf privaten Geräten der Lehrpersonen sowie der Schülerinnen und Schüler auch ausserhalb der Schule aufheben, unverhältnismässig. Die Verwendung einer solchen Technik kann jedoch mit Bezug auf den Jugendschutz und die Informationssicherheit innerhalb der Schulräumlichkeiten verhältnismässig sein.
 

Grundsatz von Treu und Glauben

Staatliche Organe müssen nach Treu und Glauben handeln. Dies verpflichtet sie zu einem loyalen, vertrauenswürdigen und rechtmässigen Verhalten. Zudem haben die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf Vertrauensschutz in Bezug auf behördliche Zusicherungen und von Behörden erteilte Auskünfte.


Beispiel: Nach Treu und Glauben können sich aus einer Rechtsbeziehung bestimmte Nebenpflichten ergeben, auch wenn diese weder gesetzlich noch vertraglich ausdrücklich festgelegt sind. Tritt beispielsweise die Schule mit einem ICT-Anbieter in Vertragsverhandlungen, so ergibt sich bereits daraus die Pflicht, die Interessen des Verhandlungspartners in guten Treuen zu wahren, insbesondere sie auf relevante Umstände hinzuweisen (z. B. Information über gewisse Eigenheiten einer ICT-Infrastruktur). 

Unentgeltlicher Grundschulunterricht

Besonders hervorzuheben ist das Grundrecht auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht. Bei der Festlegung und Umsetzung der ICT-Strategie ist darauf zu achten, dass diese nicht im Widerspruch mit dem Grundrecht auf unentgeltlichen Grundschulunterricht steht.

Beispiel: Eine Verpflichtung der Eltern, ihren Kindern für den Grundschulunterricht einen Computer zu kaufen oder spezielle kostenpflichtige Apps zu beschaffen, verstösst gegen diesen Grundsatz.